Finde dein Ikigai für mehr Sinn im Leben und Flow als Kreative*r – Interview mit Ikigai-Coach Dr. Katharina Stenger

Mia GriesKreatives LebenLeave a Comment

finde und lebe dein ikigai

Alle Kulturen auf der Welt bieten eine Fülle an wertvollen Weisheiten! Eine bestimmte japanische Lebenssicht will ich dir unbedingt in Wort und Bewegtbild vorstellen. Darum habe ich Dr. Katharina Stenger, Psychologin und zertifizierte Ikigai-Coach, zum Video-Interview geladen. Erfahre alles zum Thema Ikigai für Kreative und ein erfülltes Leben mit Ikigai!

Das Thema ist superspannend für mich, da ich einen Bezug zum Ursprungsland Japan habe: Ich habe mich schon als Jugendliche sehr für Japan interessiert. Du vielleicht auch? Bei mir fing 1998 alles an mit Sailor Moon. Und dadurch begann meine Faszination für Japan, auch für die Sprache und die Kultur. Ich habe sogar Japanologie in Bochum studiert: Zunächst im Hauptfach für insgesamt zwei Semester, dann setzte ich es für einige Semester fort als Nebenfach. So hatte ich noch viel mehr Kontakt zu Japan, zu japanischen Menschen und vor allem zur japanischen Sprache. Seit meinem Studium ist mein Japanisch etwas eingerostet, aber die Faszination blieb! Lass uns nun zusammen mit Katharina in die Weisheit Japans eintauchen

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Katharina, du bist Psychologin, die mit Ikigai arbeitet. Außerdem hast du eine Zertifizierung als Ikigai-Coach und einen persönlichen Bezug zu Japan. Wie kam es dazu, dass du dich für Japan interessiert hast?

Meine Japanliebe hat in meinen Teenager-Jahren begonnen. Ich hatte auch diese Phase mit Manga/Anime, das fand ich auch total toll und es war mein emotionaler Rückzugsort, denn als Teenager hat man es ja nicht immer so leicht in der Schule. Und diese bunte Welt der Mangas hat mir total viel gegeben. Da hab ich mich drin gefunden, als Persönlichkeit, und bin damit gewachsen.
Zum anderen wollte ich natürlich Japan immer besuchen, genau aus diesem Grund, und hatte dann 2017 einen persönlichen Meilenstein erreicht: Ich bin ganz allein nach Japan gereist, meine erste Soloreise ging nach Japan – in ein Land, wo ich keine Menschenseele kannte und auch die Sprache über den Smalltalk hinaus nicht beherrschte.
Das hab ich gemeistert für mich und das war ein Turning Point in meinem Leben, an dem ich mir dachte: Ich kann das! Ich kann auch alleine und selbstbewusst in einem fremden Land leben. Es war richtig schön. Es war zwar nur eine Woche damals, aber es war für mich sehr erfüllend.
Und ich habe direkt versucht, tief in diese Kultur einzutauchen. Ich habe nicht im Hotel gewohnt, sondern in
einem Apartment mit einem Host, der aus Japan kam. Und ich bin seitdem immer wieder zurückgekehrt. Ich war dreimal dort, und habe inzwischen einen Freundeskreis dort, und auch viele berufliche Kontakte. Ich konnte dort tatsächlich ab und zu auch arbeiten. Workshops geben, und mit jungen japanischen Frauen zusammenarbeiten. Das gibt mir unglaublich viel.

Du hast also wirklich einen persönlichen Bezug zu Japan und dadurch zu Ikigai. Für dein Arbeit ist es natürlich förderlich, dass du die Kultur hautnah erlebt hast. Wie kamst du darauf, dich mit Ikigai zu beschäftigen? Wann ist es dir zum ersten Mal begegnet?

Tatsächlich warst du dabei, als mir das zum ersten Mal begegnet ist. Ich habe das Ikigai-Prinzip zum ersten Mal in einem Magazin für persönliche Weiterentwicklung entdeckt. Ich habe dort ein Diagramm gesehen – dazu möchte ich noch später was sagen. Das war das klassische Venn-Diagramm, und drüber stand: „Finde dein Ikigai“, und „finde Erfüllung in deinem Leben.“
Das hat mich zunächst mal sehr angezogen. Natürlich, weil Ikigai ein japanisches Wort ist. Das klingt für mich sehr exotisch und ich wollte mehr darüber wissen! Da wurde meine Japanliebe direkt noch mal entfacht. Ich habe dann ein bisschen mehr recherchiert über das Thema und habe mehr darüber herausgefunden, worum es eigentlich bei Ikigai geht.

Ja, cool! Das Thema kam eigentlich zu dir. Und dadurch, dass du schon einen Bezug zu Japan hattest, hattest du auch sofort einen Bezugspunkt zu Ikigai.

Ja, genau. Das hat sofort mit mir räsoniert! Ich wusste, da muss ich jetzt ein bisschen tiefer nachschauen.

Jetzt haben wir ja schon ein bisschen darüber geredet, warum wir uns für das Thema Japan und Ikigai interessieren. Jetzt würde ich gerne wissen: Was ist Ikigai? Wie lässt sich das Wort übersetzen? Was bedeutet es auf Deutsch?

Tatsächlich ist es sehr schwierig, das Wort zu übersetzen. Es gibt keine wörtliche Übersetzung im Deutschen oder in irgendeiner anderen Sprache. Es gibt Interpretationsversuche. Ich möchte zuerst sagen, wie man das Wort „Ikigai“ auseinandernehmen kann.
Es gibt „iki“, es gibt „gai“, das sind die zwei Silben des Wortes. „Iki“ bedeutet „Leben“, wenn man es wörtlich übersetzt. Und „gai“ bedeutet „wertvoll“. Das kommt ursprünglich vom Wort „kai“. Das war in der Heian-Periode, ungefähr 9. bis 12. Jahrhundert in Japan, eine Zeit, in der man bestimmte Arten von Muscheln gesammelt hat. Damit haben japanische Nobelmänner auch Gesellschaftsspiele gemacht oder ihre Häuser und Wohnungen dekoriert. Das war also eine sehr wertvolle Muschel zu dieser Zeit. Und „kai“ bedeutet „Muschel“ – diese bestimmte Muschel, die dazu benutzt wurde, um Dekorationen zu machen.
Das heißt, man kann „Ikigai“, wenn man es zusammensetzt, als „wertvolles Leben“ übersetzen, aber wenn man versucht, es tiefergehend zu interpretieren, die Essenz rauszufiltern, ist es „das, was dein Leben lebenswert macht“. Oder: „das, wofür du morgens aufstehst“. Denn es ist nicht der eine große Lebenssinn oder der eine Wert in deinem Leben, sondern es geht darum, dass du Sinn jeden Tag findest.

Quasi deine Lebenskraft! Was dich morgens so antreibt: “JA! Ich will mein Leben leben und spüren!”

Ja, genau. Die positive Energie, die dich antreibt und motiviert.

Was ich interessant finde: Das eine Schriftzeichen steht für Leben, quasi für das Spirituelle, und das andere kommt aus der materiellen Welt mit dem Wert, den die Muscheln hatten. Das ist quasi eine Balance zwischen der spirituellen und materiellen Welt. Mein Leben im Zusammenspiel mit der Außenwelt und das Leben in mir. Das finde ich sehr schön.

Genau. Ikigai hat auch viel mit Verbundenheit zu tun. Verbundenheit mit anderen Menschen, das ist etwas sehr Soziales. Und zum Anderen auch mit Naturverbundenheit. Der Mensch schaut immer, wie er in seine Umgebung passt und wie er sein Leben lebenswert in einem bestimmten Umfeld realisieren kann.

Das passt ja sehr gut. In Japan gibt es den Shintoismus, diese Weltsicht oder Art Religion, oder Philosophie, je nachdem, wie man es nennen möchte, und darin geht es auch um Naturverbundenheit. Der Mensch ist nicht isoliert, sondern existiert im Zusammenspiel mit der Natur. Alles ist beseelt. Was würdest du sagen: Ist Ikigai eine Philosophie? Eine Lebensart? Was können wir uns darunter vorstellen?

Die japanischen Wissenschaftler bezeichnen es als „way of living“, man könnte es als Lebensphilosophie verstehen. Aber es geht jetzt nicht darum, dass du überall Ikigai finden oder überall 100 Prozent voller Ikigai sein musst. Es ist eine Leitlinie, an der du dich orientieren kannst.
Sie sollte dir Inspiration und Motivation bringen. Auch ein bisschen wie eine Schatzkarte für das eigene Leben. „Da könnte mein Schatz vergraben sein“!. Es hat unglaublich viel mit Harmonie zu tun. „Wa“ ist das japanische Wort für Harmonie und das ist tatsächlich sehr groß im Ikigai-Mindset.

Du bist Psychologin. Würdest du sagen, dass es auch ein psychologisches Konzept ist? Kannst du es für die Arbeit mit deinen Klient*innen praktisch anwenden? Oder gibt es dafür eine psychologische Grundlage?

Ja, tatsächlich, und das hat mich selber sehr positiv überrascht, gibt es Parallelen zwischen der westlichen Psychologie und dem japanischen Konzept von Ikigai. Beispielsweise die humanistische Psychologie. Ein Vertreter ist Viktor Frankl. Da geht es um Existenzanalyse und darum, wie man im Hier und Jetzt lebt. Wie man auch besonders wertvoll lebt und nach seinen Werten strebt. Das hat sehr viel mit Ikigai zu tun.
Und zum anderen stammt auch viel aus der positiven Psychologie aus dem ursprünglichen Ikigai. Das bedingt sich gegenseitig. Also, es gibt tatsächlich Parallelen, die man als Psycholog*in oder Wissenschaftler*in, wie ich es bin, sehr gut nutzen kann, um Menschen zu helfen, ihr eigenes Ikigai zu finden.

Also kann man es für jedes Leben anwenden?

Absolut.

Du warst schon in Japan – hast du bei den Menschen, die du getroffen hast, Ikigai gespürt? Dass sie es haben und leben?

Sehr interessant: Entweder hatten die Menschen das Gefühl, sie haben sich noch nicht so sehr damit beschäftigt, was witzig ist, denn Ikigai ist ein sehr alltägliches Wort. Es gehört zum allgemeinen Wortschatz dazu. Dennoch gibt es Menschen, die sich noch nicht richtig damit beschäftigt haben.
Es ist ein bisschen so, wie wenn man bei uns fragen würde: „Hast du dich schon mit deinem Lebenssinn beschäftigt?“ Gerade die junge Generation sagt: „Nee, Ikigai sagt mir jetzt nix.“
Und die ältere Generation hat sich sehr wohl und sehr intensiv mit Ikigai beschäftigt. Da kommt direkt wie aus der Pistole geschossen: „Meine Familie, meine Kinder, mein Job , die Natur. Das ist mein Ikigai.“ Das ist sehr unterschiedlich, es gibt viele Extreme.

Diese Menschen haben ihr eigenes Leben reflektiert und dann darin auch ihr Ikigai gefunden.

Ja genau, sie können jeden Tag sagen, was ihr Ikigai ist. Das ändert sich natürlich, über die Lebensspanne, aber bei den älteren Menschen hat man eher das Gefühl, sie haben sich eher damit beschäftigt, was ihr Sinn im Leben ist, und leben das auch jeden Tag aus.

Ich glaube, dass ich auch schon Berührungspunkte mit Ikigai hatte, speziell im japanischen Kontext. Und zwar hatten wir damals in der Uni freitags einen Kalligrafiekurs bei einer älteren japanischen Dame. Da haben wir ein, zwei Stunden immer wieder ein und dasselbe Schriftzeichen kalligrafiert, mit dem Pinsel und Tusche auf Reispapier, diesem authentischen Papier. Dabei bin ich richtig runtergekommen nach der Woche, hab mich wirklich nur auf dieses Zeichen konzentriert. Ist das schon eine Form von Ikigai?

Das ist total Ikigai! Das bedeutet, wirklich in diesem Moment aufzugehen, und alle Sorgen in der Zukunft oder in der Vergangenheit ein bisschen zu vergessen und beiseitezulegen, und auch sein eigenes Selbst loszulassen, und wirklich nur in diesem einen Moment zu existieren mit dem Pinsel und dem Blatt Papier. Das ist total Ikigai und eine Form, wie man Ikigai tatsächlich spüren kann. Im Hier und Jetzt total aufgehen. Sehr schön, dass du das auch erlebt hast!

Ja, auf jeden Fall! Und die Japaner*innen beschäftigen sich viel mit Pflanzen, wie mit Blumenstecken (Ikebana) oder sie schnibbeln an Bonsai-Bäumchen wie in Karate Kid. Ist das auch Ikigai?

Ich erinnere mich, ich habe letztens noch Cobra Kai geschaut, und da ging es genau darum: Denk nur an den Baum. Und dass man quasi fast eins wird mit der Natur. Auch, dass man seine Rolle in der Natur einnimmt, etwas dafür tut und im Gegenzug etwas dafür bekommt. Diese Harmonie – da ist wieder dieser Harmoniegedanke dabei. Das ist auch aktuell ein sehr wichtiges Thema.

Wir sehen, das ist jetzt schon in der westlichen Kultur angekommen. In einer Serie wie Cobra Kai kommt es vor. Aber vor allem im Business-Kontext spuken verschiedene Interpretationen rum. Auf welche Interpretationen „im westlichen Stil“ bist du schon gestoßen? Und was hältst du davon?

Es gibt einige Missinterpretationen. Es gibt die Annahme, dass man mit seinem Ikigai 100 Jahre alt wird. Oder dass man das ewige Glück findet. Beides ist nicht ganz richtig.
Aber ich möchte mich gerne auf dieses Venn-Diagramm fokussieren. Das ist ein Diagramm mit vier Kringeln und in den Kringeln steht drin: „was du gut kannst“,„wof ür du bezahlt werden kannst“, „was du liebst“ und „was die Welt von dir braucht“.
Das ist dieses Diagramm, das man sehr oft sieht und das ich auch damals in diesem Magazin gesehen hatte. Das ist eine westliche Version, aber das hat nicht viel mit Ikigai zu tun. Es wird oft von Business-Coaches angewandt und das ist auch in Ordnung, man kann schon seine Berufung damit finden, aber was mich daran sehr stört, ist, dass es das Geldverdienen mit einbezieht. Ikigai hat gar nichts mit Geldverdienen oder mit dem Gewinnen von Anerkennung im Außen zu tun. Oder mit beruflichem Erfolg. Ikigai ist etwas viel Komplexeres und man kann es nicht in einem Diagramm abbilden, das geht leider nicht.
Dieses Diagramm kommt ursprünglich aus der Astrologie und wurde von Andrés Zuzunaga entwickelt. Es hat einen ganz anderen Kontext, es geht um Sternkonstellationen. Es geht um Bestimmung, es heißt auch ursprünglich „Propósito Framework“, aber es hat eigentlich nichts mit Ikigai zu tun. Aber es hat sich unglücklicherweise sehr verbreitet.

Gut, dass wir jetzt mal mit diesem Mythos aufräumen. Der Wert von Ikigai liegt ja vollkommen woanders als im Geld. Es ist etwas, das aus einem selbst kommt und was man aus seiner Umgebung zieht, aber nicht aus sowas wie Geld.

Genau. Es war wirklich eine Reihe von unglücklichen Fehlinterpretationen, da haben bestimmte Blogger und Public Speaker ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht, und haben nicht wirklich recherchiert, was Ikigai im Japanischen bedeutet. Sie haben sich dann nur auf einen Aspekt fokussiert, wo sie dachten „okay, damit kann ich vielleicht auch Geld machen“. Das ist leider schade, denn das hat wirklich nicht viel mit Ikigai zu tun.

Da fehlt dieser ganzheitliche Aspekt, dass Ikigai nicht nur ein kleines Stück ist, oder eine Kumulation verschiedener Sachen, sondern es ist etwas Ganzheitliches, Allumfassendes.

Genau, es ist nicht ein Sweet Spot inmitten eines Diagramms, sondern es durchströmt dein ganzes Leben, diese Energie.

Eigentlich noch etwas viel Schöneres als in diesem Diagramm!

Total!

Nach deinen Ausführungen kann ich mir vorstellen, was Ikigai ist und wie sich das anfühlt. Zum Beispiel, wenn ich als junge Erwachsene diesen Sommer hatte, mit vielen Leuten, die mir viel bedeuten, und ich aus dieser Zeit so viel ziehen konnte, oder wenn ich eine Sache gefunden habe, die mir richtig Spaß macht, und worauf ich jeden Morgen richtig Bock habe … Ich glaube, das Gefühl ist schon relativ deutlich geworden. Aber jetzt interessiert mich: Wie kann ich das Konzept „Ikigai“ praktisch für mein Leben anwenden? Hast du dafür Tipps?

Zuerst ist es wichtig, dass man das Konzept von Ikigai wirklich versteht. Also, dass du weißt: Was ist die ursprüngliche japanische Essenz von Ikigai? Das gilt, wenn du es wirklich richtig anwenden möchtest!
Da gibt es Bücher, zum Beispiel – was ich empfehle – „The Little Book of Ikigai“ von Ken Mogi. Oder es gibt Podcasts, es gibt wissenschaftliche Studien – oder man kann mich einfach fragen.
Und im nächsten Schritt geht man dazu über, dass man sich ganz spezifische Lebensfragen stellt. Sinnfragen, dass man über sein Leben, seine Handlungen, seine Werte reflektiert. Dass man versucht, Hoffnung zu finden – im Hier und Jetzt. Dass man die kleinen Dinge des Lebens wieder zu schätzen weiß. Dafür gibt es spezfische Ikigai-Übungen, die ich auch in meinem Coaching anbiete.

Sehr cool! Also, man kann wirklich mithilfe von bestimmten Übungen sein Ikigai feststellen?

Genau. Wenn man weiß, wo man schauen muss und wie man schauen muss, dann kommt man relativ schnell dazu, erste Ikigai-Gefühle zu haben, die sogenannten „Ikigai Kan“.

Richtig spannend! Was mich jetzt auch noch mal besonders interessiert, als Kreative: Wie kann ich denn als Kreative Ikigai in meinem Leben nutzen? Oder es in meinem Leben einsetzen? Für meine Arbeit, oder für meine Projekte, die ich so habe?

Das ist spannend, denn Ikigai hat viel mit Kreativität zu tun. Das ist sogar ein wichtiger Teilaspekt. Die Kreativität wird hierbei als fast transformativer Prozess gesehen. Das heißt, wenn du Ikigai in deinem kreativen Handwerk, in deinem „Shokunin Damashii“, findest, dann hast du die Möglichkeit, durch deine Kreativität zu wachsen. Es hat viel mit Inspiration und mit Workflow zu tun. Es gibt auch bestimmte Übungen dafür, wie du deinen Workflow verbessern kannst, wenn du dein kreatives Kunsthandwerk oder dein kreatives Handwerk gefunden hast, dein „Shokunin Damashii“.

Das ist ein Knackpunkt für viele Kreative, dass einen der Workflow dabei aufhält, das volle kreative Potenzial zu leben. Dabei kann Ikigai auch helfen? Du würdest in deinem Coaching dann auch zusammen eine Roadmap entwickeln, wie man mit Ikigai das Beste aus sich rausholen kann?

Richtig. Wenn man, gerade in diesen Feldern, sehr blockiert ist, kann Ikigai sehr befreiend sein.

Da ist ja so viel Gefühl drin!

Ja, Ikigai ist etwas sehr Emotionales und auch etwas sehr Persönliches.

Du hast vorhin gesagt, dass es in dem Venn-Diagramm, das im Internet rumspukt, auch um Geld geht. Ich denke, man kann Ikigai schon nutzen, für den Beruf, oder als Selbstständige*r oder Freiberufler*in. Bloß hat es nichts mit Geld zu tun, sondern mit der Erfüllung, die man im Job findet. Wie läuft das? Wie kann ich es dafür nutzen?

Ja, ganz genau: Es geht wirklich nicht um beruflichen Erfolg, sondern es geht darum, was du tust und wie du es tust; wie du es mit Hingabe tun kannst.
Als Beispiel: Es gibt eine Übung, die du vielleicht aus meinem Workbook kennst, die nennt sich „Ichigyo Zanmai“. Übersetzt bedeutet „Ichigyo“ „eine Aufgabe“ oder „Einzelaufgabe“ und „Zanmai“ bedeutet „Fokus“. Das heißt, du machst nur EINE Aufgabe, ohne dich abzulenken, was in unserer Zeit von Handys und Social Media ganz schwierig ist. Du vergisst auch alle Sorgen und alles, was dich gerade bedrückt. Aller emotionaler Ballast ist erstmal weg. Du kannst total in deiner Aufgabe aufgehen. Du wirst die Zeit vergessen, und du kommst richtig schön in einen Workflow.
Das ist eine Aufgabe, mit der man als kreativer Mensch mehr Freiheit empfindet in seinem Beruf. Man kann dann noch eine Stufe weitergehen und sein „Kokorozashi“ finden. „Kokorozashi“ bedeutet so etwas wie Kämpferherz. Das ist die wörtliche Übersetzung. Man könnte es auch als „persönliche Mission“ interpretieren. Wenn man in seinem Beruf seine Mission findet und der Beruf die persönliche Mission ist, mit der man etwas Gutes tun kann für sich selbst und die Welt, dann hat man sein „Kokorozashi“ gefunden. Damit öffnen sich so viele neue Türen und es ist ein unglaubliches Gefühl, wenn man es gefunden hat.

Das kann wirklich Selbstständigen aller Art helfen.

Mir hat es geholfen!

Viele haben ein Problem mit dem Fokus, nehmen sich zu viel vor, an To-dos für den Tag oder die Woche oder das Jahr. Da kann es wirklich helfen, sich auf eine Aufgabe zu fokussieren und das durchzuziehen und auch alles reinzupacken. Auch Bedeutung reinzupacken.

Genau, man arbeitet dann mehr mit dem Herz.

Ich finde es so schön, wie viele Bereiche abgedeckt werden von Ikigai, die man dann auch beruflich nutzen kann, ohne auf den Geldaspekt einzugehen. Man findet den Wert in sich, für seine eigene Arbeit.

Richtig, und man wächst dann auch. Es gibt ein richtig schönes persönliches Wachstum. „Kokorozashi“ ist auch kein Ziel, das man hat, und „Mission“ bedeutet nicht, dass man einen Berg erklimmt, und wenn man oben angekommen ist, hat man es geschafft … Es geht nicht um den Erfolg, es geht nicht ums Ankommen, sondern darum, seine Reise dahin zu bestreiten. Und das ist auch kein Berg, den man vor sich hat, sondern es ist eine Gebirgskette, es kommt immer noch mal was Neues. Es geht immer weiter im Leben. Aber jeden Tag gibst du alles, um diesen Weg weiterzugehen.

Sehr berührend. Danke dafür! Unser Leben ist ein Abenteuer mit so vielen Erlebnissen, die uns verändern und auf eine neue Stufe bringen. Ich finde den Aspekt der Transformation immer interessant, wenn ich ein neues Konzept kennenlerne. Und das interessiert mich jetzt auch bei Ikigai: Wenn ich jetzt mein Ikigai kenne, wie verändert sich dann mein Leben? Du beschäftigst dich seit Monaten intensiv täglich mit Ikigai: Wie hat sich denn dein Leben verändert, seit du dieses Konzept reingelassen hast?

Mein Leben hat sich sehr verändert. Ich beschäftige mich jetzt schon sehr lange mit Ikigai, und daher hat Ikigai viele Lebensaspekte betroffen, in denen sich eine sehr positive Veränderung gezeigt hat, was sehr schön ist!
Zum Beispiel habe ich noch mal viel mehr zu schätzen gelernt, wie viele kleine Freuden es in meinem Leben gibt. Diese „small joys of life“, diese Dankbarkeit, die man dafür haben kann. Selbst wenn man gerade etwas eingeschränkt ist im Leben – dennoch gibt es diese kleinen Freuden, die immer noch präsent sind, und die wirklich wertschätzen zu können, ist eine Form von Ikigai – nur als Beispiel.
Durch Ikigai kann sich auch dein Selbstbewusstsein verändern. Du kannst etwas selbstbestimmter und selbstbewusster sein, weil du deine Rolle kennenlernst – deine Rolle in deinem Leben und die Rolle, die du im Leben anderer spielst. Oder welche Rolle du in der Gesellschaft spielst – mit deinem Beruf beispielsweise. Da kommen wir wieder auf die Ebene: Wie kannst du in deinem Beruf die richtigen Menschen ansprechen?
In meinem Leben hat sich auch noch etwas sehr verändert, und zwar durch Rituale. Japan ist ein Land voller Traditionen und voller Rituale, und das habe ich ein bisschen in meinen Alltag übernommen. Beispielsweise habe ich ein bestimmtes Morgenritual, mit dem ich in den Tag starte, das mir schon morgens sehr viel Erfüllung bringt und viel Kraft und Energie, damit ich direkt, egal ob Arbeitstag oder Freizeittag, voller Energie und voller Power starten kann. Ich habe auch ein Abendritual, mit dem ich ein bisschen runterkomme und mit dem ich mich entspannen kann und ein bisschen über den Tag reflektieren kann. So bekommt mein Tag eine Struktur. Und ich glaube, es ist sehr wichtig, dass der Tag diese Struktur hat. So weiß ich: Was kann ich tun an dem Tag, wie überlade ich mich nicht mit Aufgaben, und wie langweile ich mich nicht – wo ist genau dieser Mittelweg.
Mein Leben hat sich auch dadurch verändert, dass ich Erinnerungen, die ich an die Vergangenheit habe, oder dass ich Dinge, die in der Zukunft sind, noch viel mehr wertschätze. Zum Beispiel trage ich Erinnerungen an das Reisen in meinem Herzen. Auf der anderen Seite freue ich mich wirklich darauf und habe Hoffnung, dass ich wieder reisen kann. Das sind auch Quellen für Ikigai.
Ich habe gesehen, dass ich mein Ikigai in vielen verschiedenen Dingen finden kann. Und das ist wirklich etwas Wundervolles. Gerade in Zeiten, wenn es nicht so gut geht, weiß ich, wo ich hingucken muss, dass ich noch mal Energie bekomme. Das bringt wirklich das Herz zum Leuchten – jeden Tag aufs Neue! Bei kleinen und größeren Dingen. Man bekommt ein Gefühl für das große Ganze. Das Leben ergibt ein bisschen mehr Sinn. Ich hatte nämlich immer das Gefühl, beruflich und privat alles unter einen Hut bringen zu müssen. Freizeitaktivitäten, meine Hobbys, meinen Job … Das war alles etwas schwierig für mich. Aber durch Ikigai habe ich herausgefunden, wie ich das alles meistern kann. Wie ich es schaffe, alles zusammenzubringen, und das alles in mir zu vereinen.

Wow, was für ein Effekt! Das hat wirklich viele Auswirkungen. Also hat es dich auch als Persönlichkeit wachsen lassen, und Menschen, die sich ernsthaft damit beschäftigen, können sich als Persönlichkeit weiterentwickeln?

Absolut.

Und nicht nur in manchen Bereichen, sondern komplett.

Im Großen und Ganzen. Ja, total! Ikigai kann einem auf jeden Fall diesen Drive im Leben bringen, wenn man das Gefühl hat, man steckt ein bisschen fest, oder man möchte sich in eine andere Richtung weiterentwickeln, kann sich aber nicht motivieren, anzufangen, dann kann Ikigai sehr viel helfen. Und es hat immer mit persönlichem Wachstum zu tun. Ich bin der Überzeugung, man lernt jeden Tag. Auch ich lerne noch jeden Tag, und ich lerne auch noch sehr viel über Ikigai – das weiß ich. Das ist aber auch gerade das Schöne am Leben: dass man jeden Tag mit frischen Augen, mit seinem „Shoshin“, mit seinem „beginner’s mind“, begrüßt. Man lernt immer etwas Neues und ist offen für Neues.

Was bedeutet es für dich, wenn du all diese Aspekte in das Leben anderer Menschen bringst? Du hast deine Ikigai-Coach-Ausbildung abgeschlossen – du bist jetzt in der Lage dazu, anderen Menschen zu helfen, ihr Ikigai zu finden, und tiefer in dieses Thema einzutauchen. Was fühlst du, wenn du das machst?

Tatsächlich ist ein Teil meines Ikigais, anderen Menschen zu helfen, ihr Ikigai zu finden. Da musste ich erstmal drauf kommen. Das musste ich erstmal für mich realisieren. Das ist aber ein ganz wesentlicher Teil, dass ich wirklich mein Ikigai gefunden habe und weiß, wie es sich anfühlt, bevor ich es an andere Menschen weitertrage und auch darüber lehre.
Ich hatte vorhin schon mal das „Kokorozashi“ erwähnt, die persönliche Mission – das ist mein „Kokorozashi“: Ikigai-Coach zu sein und anderen Menschen mit dieser wirklich sehr schönen japanischen Lebensphilosophie ein bisschen Licht auf ihren Weg zu bringen.

Superschön! Du bist mit vollem Herzen dabei, das merkt man. Und ich finde, dass ein Gefühl von Hoffnung entsteht, wenn man das hört – für die Gegenwart, aber auch für die Zukunft.

Genau! Ich weiß, auch meine Reise ist noch nicht abgeschlossen. Es wird immer weitergehen für mich, und das macht es aber unglaublich spannend.

Vielen Dank, dass du uns heute in die Welt des Ikigai mitgenommen hast! Ich finde dieses Konzept sehr spannend, weil es ein bisschen meinem Konzept ähnelt. Ich arbeite mit meinen Kund*innen mit der Heldenreise oder Heldinnenreise, die wir zusammen ergründen und mit der wir die großen und kleinen Hürden des Lebens meistern. Und wenn ihr das auf die japanische Art machen wollt, dann meldet euch gerne bei Katharina. Was bietest du denn momentan an?

Ab der Kirschblütensaison 2021 starte ich mein eigenes Ikigai-Coaching-Programm und werde dann Einzel- und Gruppencoachings zum Thema „Ikigai“ anbieten.
Wenn du interessiert bist, dich auf diese ganz besondere Reise zu machen, wenn du persönlich wachsen willst, dir mehr Freiheit, mehr Sinnfindung und mehr kleine Freuden im Leben wünschst, dann frag mich! Sprich mich an oder schreib mich an. Ich erzähle dir gerne mehr über mein Coaching!

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